Wir helfen Kindern
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Das waren echte Emotionen

Ein schöner Tag für Salzgitter und ganz viele Kinder

Danke an Anna Lucy Richter und Rudi Karliczek für den tollen Bericht und die schönen Fotos 

Wieso Salzgitters Grundschüler im Schulhof Fahrradfahren üben:

Schmale Straßen und mobile Verkehrszeichen: Auf sechs Schulhöfen in Salzgitter sind sie schon gebaut. Das ist das Ziel des Projekts.

Gebhardshagen:

Straßen im Miniaturformat: Kaum mehr als einen Meter breit ist eine Fahrbahn der zweispurigen Straße. Sie schlängelt sich durch Wiesen, wird durchkreuzt von Zebrastreifen und führt um ein großes Klettergerüst herum. Ein Klettergerüst auf einer Verkehrsinsel? Ganz genau – die Miniatur-Verkehrslandschaft ist nämlich nicht für Autos, Transporter oder Lkw gedacht. Nein, hier soll auf Fahrrädern oder Rollern gefahren werden.

Der Übungsplatz ist mitten auf dem Schulhof der Grundschule Am Sonnenberg in Gebhardshagen. Er ist ganz neu – und pünktlich zum Schulstart nach den Sommerferien durften die ersten Kinder den Platz einweihen. Natürlich ging Sicherheit vor: Mit blauem Fahrradhelm fuhren die Kleinen auf den verschlungenen Wegen oder hielten am Zebrastreifen an, um Fußgänger herüberzulassen.

Die Schulkinder sollen sich hier auf die Fahrradprüfung vorbereiten, die in der vierten Klasse gemacht wird, sowie Verkehrszeichen und Vorfahrtsregeln praktisch lernen. Zehn solcher Fahrradübungsplätze auf den Höfen von Grundschulen und einer Hauptschule soll es in Salzgitter geben. Sechs davon sind bereits fertig – wie auf dem Schulhof der Grundschule Am Sonnenberg.

Geplant wurde das Projekt von dem Verein „Wir helfen Kindern“ (Whk).

„Helme, Fahrräder und die Plätze stellen wir den Schulen kostenfrei und dauerhaft zur Verfügung“, sagt Vereinsvorsitzender Volker Machura. Damit die vielen Fahrrad-Übungsplätze geplant, angelegt und finanziert werden können, sind aber eine ganze Menge Helfer nötig: Das Repair-Café aus Salzgitter-Bad habe 40 Räder repariert und dem Verein zur Verfügung gestellt, berichtet Machura, „nur das Material haben wir bezahlt.“ Außerdem spendete die Konrad-Stiftung beinahe die Hälfte der Gesamtkosten des Projekts. Der Verein „Der Paritätische Braunschweig“ und die Braunschweigische Sparkassenstiftung unterstützten den Whk-Verein ebenfalls finanziell. „Insgesamt kostet das Projekt etwa 65.000 Euro“, erklärt Machura. Circa 40.000 Euro davon seien durch Spenden abgedeckt, „den Rest spendieren wir“, fügt er hinzu.

Die zehn Miniatur-Verkehrslandschaften gebaut und geplant hat das Christliches Jugenddorfwerk Deutschland in Salzgitter (CJD). Mit Schablonen malten die CJD-Mitarbeiter die weißen Straßenmarkierungen auf die Schulhöfe. „Je nach Platz mussten wir unterschiedliche Gegebenheiten beachten“, beschreibt Jan Stautmeister vom CJD Salzgitter. Mithilfe der Stadt, der Schulleitungen, aber auch mit Google Maps habe er geplant, wo welche Straßen gezeichnet werden können.

Helme, Fahrräder und die Plätze stellen wir den Schulen kostenfrei und dauerhaft zur Verfügung.

Volker Machura, Vorsitzender des Vereins „Wir helfen Kindern“

Auf dem Schulhof der Grundschule Am Sonnenberg etwa gab es schon die verschlungenen Steinwege, die um die Spielgeräte und durch die Wiese führten. Dort wurde dann etwa entschieden, welche dieser Wege zum Fußweg werden, welche zur Straße, wo eine Kreuzung entstehen könnte oder eine Abbiegerspur. Die Pläne erstellte Stautmeister inklusive der Verkehrsschilder - denn auch die stellte das CJD Salzgitter her. Ein Übungsplatz sollte auch einige Elemente des echten Straßenverkehrs enthalten, zum Beispiel: „Zebrastreifen, Kreuzungen, eine abbiegende Vorfahrt, einen Kreisverkehr oder eine Einbahnstraße“, listet Stautmeister auf.

So wurde jeder Platz ganz individuell geplant: Während das Areal an der Grundschule Am Sonnenberg voller Kurven ist, gibt es an der Schule Am Ziesberg etwa scharfe, rechtwinklige Ecken und Biegungen. „Dort gibt es auch eine 40-Meter-lange Strecke“, berichtet Stautmeister. Es sei der größte der Verkehrsübungsplätze.

Die Verkehrsschilder sind übrigens mobil: Sie stecken in Pylonen und können von Lehrern oder den Schülern selbst verstellt werden. Doch warum eigentlich diese aufwändigen Verkehrsübungsplätze auf Schulhöfen? Lernen die Kinder das denn nicht so oder so?

Es gebe im Stadtgebiet Salzgitter „einige Schulen mit hohen Durchfallquoten“ bei den Fahrradprüfungen, erklärt Kathrin Lacey, Verkehrssicherheitsberaterin im Präventionsteam der Polizeiinspektion Salzgitter/Peine/Wolfenbüttel. Die Durchfallquoten im ländlichen Raum seien außerdem deutlich geringer als die in den städtischeren Gebieten, führt sie aus. Oft hätten die Kinder keine Fahrräder oder keine Möglichkeit, das Fahren zu üben. Mit den Übungsplätzen auf den Schulhöfen soll sich das ändern. „Das Ziel ist es, die Unfallzahlen im Straßenverkehr zu senken“, sagt Lacey. Denn es gehe nicht nur um das Fahrradfahren, später seien die Kinder mit E-Rollern oder mit dem Auto unterwegs: „Straßenverkehr funktioniert nur, wenn wir alle aufeinander achten“, appelliert die Verkehrssicherheitsberaterin.

Die Kinder an der Grundschule Am Sonnenberg freuen sich jedenfalls über ihren neuen Übungsplatz: „Erstmal können sie das Thema Verkehr spielerisch kennenlernen“, kündigt Rektorin Sabrina Manzewski an. Vor den Herbstferien fänden dann die Fahrradprüfung und das zugehörige Training auf dem Übungsplatz statt. „Die Kinder waren ganz aufgeregt und wollten heute schon auf den Platz“, berichtet die Rektorin fröhlich. Sie mussten sich noch gedulden, aber nun, da der Platz offiziell eröffnet ist, dauert es sicher nicht mehr lange, bevor sie losradeln dürfen.